Direkt zum Inhalt

Finanzinnovation

GEPRÜFTES WISSEN
Über 100 Experten aus Wissenschaft und Praxis.
Mehr als 8.000 Stichwörter kostenlos Online.
Das Original: Gabler Banklexikon

zuletzt besuchte Definitionen...

    Ausführliche Definition im Online-Lexikon
    1. Ursachen: Finanzmärkten wird eine sehr hohe Innovationskraft zugeschrieben, der Innovationsbegriff wird in finanzwirtschaftlichen Überlegungen aber nur selten analysiert. Systematisiert man Finanzinnovationen nach den klassischen Ansätzen der Innovationstheorie, so lassen sich verschiedene Ursachen von Innovationen an den Finanzmärkten festhalten:
    a) Technisch-wissenschaftliche Ursachen können Finanzinnovationen auslösen: Erst mit der höheren Leistungsfähigkeit von Hard- und Software wurden Computerbörsen, der Computerhandel und auch spezielle Ausprägungen wie das sogenannte Algorithmic Trading möglich. Wissenschaftliche Errungenschaften wie die Black-Scholes-Merton-Optionspreisformel haben dem modernen Derivategeschäft zum Durchbruch verholfen.
    b) Finanzinnovationen motivieren sich u.U. aus einem veränderten Bedürfnis der Marktteilnehmer heraus. So sind die Ansprüche des unternehmerischen Risikomanagements in den letzten Jahren erheblich gestiegen. In den etwas größeren Unternehmen dürfte die gezielte Steuerung von Währungs- und Zinsrisiken fast schon zum Standard des Risikomanagements gehören.
    c)  Ebenso kann der Wandel im ökonomischen und institutionellen Umfeld zu Finanzinnovationen führen. Als Beispiel können hier höhere Inflationserwartungen genannt werden, die die Entwicklung neuartiger Finanzinstrumente beschleunigen.
    d) Schließlich werden Umgehungsstrategien über Finanzinnovationen realisiert. Dieses Phänomen, beschrieben durch Schlagworte wie „Regulierungsarbitrage“ und „Schattenbanksystem“, scheint den Finanzsektor besonders augenfällig zu charakterisieren.

    2. Begriff: Finanzinnovationen gibt es nicht nur in Form neuer Produkte bzw. Finanzmarktinstrumente, auch Märkte bzw. Marktorganisationen sowie Prozessabläufe können innovativ sein. Man unterscheidet deshalb zwischen Finanzmarkt-, Finanzinstrument- und Finanzprozessinnovationen (Siehe Abbildung "Finanzinnovationen"). Terminbörsen und neuartige Börsentypen (oder auch: Internet-Emissionen) sind Beispiele für Marktinnovationen. Unter den Finanzinstrumentinnovationen ragen die Spielarten der Derivate heraus, wobei festzustellen ist, dass in der Praxis bereits bei einer nur leichten Produktneustrukturierung von einer Innovation gesprochen wird (exotische Optionen). Bei den Prozessinnovationen sind Verfahren, Regeln und Gesetze zu unterscheiden.

    3. Initial Coin Offerings (ICO): Im Vergleich zum klassischen Börsengang (Initial Public Offering) werden beim ICO keine Aktien sondern sog. Token emittiert und so von den Investoren Kapital eingesammelt. Der Token ist vergleichbar mit einem digitalen Coupon, der ein definiertes Recht verbrieft. Dieses Recht kann bspw. zum vergünstigen Erwerb eines Produkts oder einer Dienstleistung berechtigen (Utility Token), sie kann einen Anspruch am Gewinn verbriefen (Equity Token) oder einen anleiheähnlichen Kupon zusichern (Debt Token). Während an Kapitalmärkten strenge Regulierungen vor allem mit Blick auf den Anlegerschutz gelten, werden diese mit dem Token Sale teilweise umgangen. Sobald die Kapitalbeschaffung über ICOs jedoch auch aus Privatanlegersicht eine strengere Regulierung erfährt, könnte dies eine interessante Alternative zum IPO werden. Der Vorteil liegt nämlich darin, dass ICOs auf der Blockchain-Technologie basieren. Dieser dezentralen Technologie attestiert man gerne, dass sie im Wertpapierhandel Transaktionszeiten und -kosten reduzieren kann und insb. im Bereich der Wertpapierverwahrung zahlreiche Vorteile bringt.
    4. Derivate: Gerade Derivate gelten seit vielen Jahren als Synonym für Finanzinnovationen. Derivative Finanzmarktinstrumente sind Rechte bzw. Pflichten, die sich auf Referenzgrößen beziehen und die in spezifizierten zukünftigen Zeitpunkten realisiert werden (Termingeschäft). An ihnen lässt sich beispielhaft besonders deutlich herausstellen, weshalb aus Sicht der neoklassischen Finanzierungstheorie Finanzinnovationen zu begrüßen sind. Derivate tragen zur Vervollkommnung und zur Vervollständigung des Kapitalmarktes bei und erweitern den Handlungsspielraum der Marktteilnehmer. Sie erzeugen Zahlungsströme, die sich mit den bisher existierenden Anlagemöglichkeiten alleine nicht generieren lassen. Finanzinnovationen helfen dabei, die Informationslage zu verbessern und bieten erweiterte Möglichkeiten zur Transformation von Risiken. Sie haben Auswirkungen auf die Geschwindigkeit, mit der sich die Preise an neue Informationen anpassen, die Tiefe und Breite der Märkte, das Kursniveau der Basismärkte und die Volatilität der Kursbewegungen.

    Vgl. auch Optionsscheine.
     
    Mit Ihrer Auswahl die Relevanz der Werbung verbessern und dadurch dieses kostenfreie Angebot refinanzieren: Weitere Informationen

    Mindmap "Finanzinnovation"

    Hilfe zu diesem Feature
    Mindmap Finanzinnovation Quelle: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/finanzinnovation-57918 node57918 Finanzinnovation node56342 Black-Scholes-Modell node57918->node56342 node58235 Geldmarktinstrumente node56958 Derivate node58235->node56958 node62600 Wertpapier node56021 Bankorganisation Strukturmodelle node59007 Investment Banking node56021->node59007 node56747 Corporate Banking node56747->node59007 node59007->node57918 node59007->node62600 node62865 Zinsinstrument node60267 Option node61656 Straight Bond node60975 Reverse Convertible node60975->node57918 node60975->node62865 node60975->node60267 node60975->node61656 node56323 bilanzunwirksame Geschäfte node56323->node56958 node57921 Finanzinstrumente Bilanzierung node57921->node56958 node58172 Garman-Kohlhagen-Modell node56342->node58172 node62374 Volatilität node56342->node62374 node60746 Put-Call-Parität node56342->node60746 node57976 Floating Rate Note ... node56958->node57918 node70253 Derivate verbriefte node70253->node60975 node60977 Reverse Floater node61686 strukturierte Finanzprodukte node61686->node57918 node61686->node57976 node61686->node56958 node61686->node70253 node61686->node60977 node58773 implizite Volatilität node58773->node56342 node58059 Free Lunch node58059->node59007
    Mindmap Finanzinnovation Quelle: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/finanzinnovation-57918 node57918 Finanzinnovation node56342 Black-Scholes-Modell node57918->node56342 node56958 Derivate node57918->node56958 node61686 strukturierte Finanzprodukte node61686->node57918 node60975 Reverse Convertible node60975->node57918 node59007 Investment Banking node59007->node57918

    News SpringerProfessional.de

    Literaturhinweise SpringerProfessional.de

    Bücher auf springer.com

    Sachgebiete