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Revision von Oder-Konto vom 02.11.2018 - 15:01

Oder-Konto

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Gemeinschaftskonto mehrerer Personen mit Einzelverfügungsberechtigung. Im bankgeschäftlichen Verkehr der Kreditinstitute ist das Oder-Konto die Regel. Über Guthaben auf einem Gemeinschaftskonto (bzw. Wertpapierbestände auf einem Gemeinschaftsdepot) kann jeder Inhaber nur alleine verfügen, wenn ein derartiges Verfügungsrecht bei der Kontoerrichtung vereinbart wurde. Ohne eine solche Vereinbarung ist von gemeinschaftlicher Verfügungsberechtigung (Und-Konto) auszugehen. Die frühere Regelung, wonach ohne besondere Vereinbarung ein Oder-Konto angenommen werden durfte, ist in der seit 1.1.1993 geltenden AGB-Neufassung nicht mehr enthalten.

    2. Außen- und Innenverhältnis:
    a) Außenverhältnis: Beim Schuldverhältnis zwischen Kreditinstitut und Kontoinhabern (Außenverhältnis) handelt es sich beim Oder-Konto um eine Gesamtgläubigerschaft (Gesamtgläubiger) bzw. um ein gesamtgläubigerähnliches Rechtsverhältnis in Anlehnung an § 428 BGB. Abweichung: Kreditinstitute dürfen nicht nach Belieben an einen Kontomitinhaber ihrer Wahl leisten. Vielmehr müssen sie an denjenigen leisten, der zuerst eine Auszahlung des Guthabens verlangt. Jedem Kontomitinhaber steht ein eigenes originäres Verfügungsrecht zu, das nicht von der Rechtsmacht des anderen Kontoinhabers abgeleitet ist. Insoweit handelt ein Kontomitinhaber auch nicht als rechtsgeschäftlicher Vertreter der anderen.
    b) Innenverhältnis: Die Rechtsbeziehung der Kontomitinhaber im Verhältnis zueinander (Innenverhältnis) gibt Aufschluss über die wirtschaftliche Berechtigung der einzelnen Kontomitinhaber am Kontoguthaben. Soweit nichts anderes vereinbart ist, sind die Gesamtgläubiger zu gleichen Anteilen berechtigt (§ 430 BGB). Verfügt ein Kontoinhaber in höherem Umfang zu seinen Gunsten als ihm anteilsmäßig zusteht, so besteht eine interne Ausgleichspflicht gegenüber den anderen Mitinhabern des Oder-Kontos. Dieser Innenausgleich bezweckt, dass jeder Kontomitinhaber einen seiner Berechtigung im Innenverhältnis entsprechenden Anteil des Kontoguthabens zugesprochen erhält, unabhängig von der Person des Auszahlungsempfängers im Außenverhältnis. Derartige Ausgleichsansprüche sind auch pfändbar. Von der Berechtigung zu gleichen Teilen können aber von den Kontoinhabern abweichende Sonderregelungen vereinbart werden. Dafür ausschlaggebend ist die besondere Zweckgemeinschaft, in der sich die Gläubigergemeinschaft befindet. Die internen Abreden der Kontomitinhaber sind dem kontoführenden Kreditinstitut i.d.R. unbekannt. Sie haben für die Kontoführung im Außenverhältnis auch keine Bedeutung.

    3. Verfügungsberechtigung: Jedem Kontomitinhaber steht ein alleiniges und uneingeschränktes Verfügungsrecht über das gesamte Guthaben zu, unabhängig davon, aus wessen Mitteln das Kontoguthaben begründet wurde (Verfügungsberechtigung über Bankkonten). Das uneingeschränkte Verfügungsrecht eines jeden Kontomitinhabers bezieht sich zum einen auf Barauszahlungen, Erteilung von Überweisungs- und Einlösungsaufträgen sowie Scheckausstellungen. Darüber hinaus hat jeder Kontomitinhaber das Recht, seinen Anspruch ohne Mitwirkung der übrigen Kontoinhaber abzutreten oder zu verpfänden.

    4. Kontoauflösung und -umschreibung: Wegen rechtlicher Bedenken (z.B. Verstoß gegen den Verbraucherschutzgedanken des § 307 BGB) sehen die Vordrucke der Kreditinstitute keinen Passus mehr vor, dass ein Kontomitinhaber das Oder-Konto allein auflösen oder auf seinen Namen umschreiben lassen kann. Eine solche Oder-Klausel wäre zumindest für Girokonten im Hinblick auf § 307 BGB unwirksam.

    5. Widerruf des Alleinverfügungsrechts: Die Kontoeröffnungsanträge oder sonstigen Vordrucke sehen i. Allg. vor, dass jeder Kontomitinhaber die Einzelverfügungsbefugnis allein widerrufen kann. Das hat zur Folge, dass dann nur noch alle Kontomitinhaber gemeinsam über das Guthaben verfügen können: Das Oder-Konto wird zum Und-Konto. Ohne Vereinbarung eines solchen Widerrufsrechts ist davon auszugehen, dass eine derartige grundlegende Vertragsänderung der Mitwirkung aller Kontomitinhaber bedarf.

    6. Erteilung einer Kontovollmacht: Zur Vollmachtserteilung über ein Oder-Konto ist die Zustimmung aller Kontomitinhaber erforderlich. Soll ein Kontomitinhaber berechtigt sein, alleine einer dritten Person Kontovollmacht zu erteilen, so muss das bei Kontoeröffnung ausdrücklich vereinbart werden.

    7. AGB-Pfandrecht: Das Guthaben auf einem Oder-Konto haftet nach Nr. 14 I AGB Banken (Nr. 21 I AGB Sparkassen) für gemeinschaftliche Verbindlichkeiten aller Kontomitinhaber und auch für sonstige Verbindlichkeiten, die ein Kontomitinhaber alleine gegenüber dem Kreditinstitut begründet hat.

    8. Pfändung: Geht bei dem kontoführenden Kreditinstitut ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ein, so ist das Guthaben auf einem Oder-Konto bereits dann gepfändet, wenn nur ein Kontomitinhaber Pfändungsschuldner ist. Lässt sich der Pfändungsgläubiger das gesamte Guthaben auszahlen, haben die nicht der Pfändung unterworfenen Gesamtgläubiger i.d.R. Ausgleichsansprüche (gemäß § 430 BGB). Solange das drittschuldnerische Kreditinstitut noch nicht an den Pfändungsgläubiger geleistet hat, können die anderen Kontomitinhaber, die nicht Pfändungsschuldner sind, trotz Pfändung und Überweisung zur Einziehung der Forderung weiterhin über das gesamte Guthaben verfügen. Indessen wird auch die Meinung vertreten, dass bereits mit Eingang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses das Verfügungsrecht der übrigen Kontomitinhaber blockiert sei.

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