Social Banking
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ethisches Bankwesen, nachhaltiges Bankwesen, sozial-ökologisches Bankwesen, Ethical Banking, Sustainable Banking, Alternative Banking, wertebasiertes Bankwesen, Value-based Banking; privatwirtschaftliche Bank- und Finanzdienstleistungen durch werteorientierte Banken, die primär und konsequent darauf ausgerichtet sind, eine sowohl ökonomisch als auch sozial und ökologisch nachhaltige Entwicklung zu fördern. In dieser Form stellt Social Banking einen Teilbereich von Social Finance bzw. Sustainable Finance dar.
1. Vertreter: Basierend auf der angeführten Beschreibung des Begriffs Social Banking lassen sich weltweit rund zwei Dutzend „Social Banks“ als Vertreter des Social Banking identifizieren, die primär in Europa und teilweise in Nordamerika ansässig sind. Die Bilanzsummen der europäischen „Social Banks“ schwanken derzeit zwischen weniger als 100 Millionen Euro und rund zehn Milliarden Euro. Das macht sie vergleichbar mit zahlreichen deutschen Genossenschaftsbanken und Sparkassen. Vertreter des Social Banking finden sich in Vereinigungen wie der FEBEA (Fédération Européenne des Banques Ethiques et Alternatives bzw. European Federation of Ethical and Alternative Banks), der GABV (Global Alliance for Banking on Values), der INAISE (International Association of Investors in the Social Economy) und dem ISB (Institute for Social Banking).
2. Merkmale: Während sich die Vertreter des Social Banking z.T. in ihren (religiösen, ethischen, politischen und spirituellen) Wurzeln, Rechtsformen und Aktivitäts-Schwerpunkten unterscheiden, ähneln sie sich in der expliziten und konsequenten Orientierung all ihrer Aktivitäten, Produkte und Dienstleistungen nicht nur an ökonomischen Überlegungen, sondern insbesondere an nicht monetären Werten. Diese zielen in allen Fällen auf eine – sozial und ökologisch – nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft ab. In diesem Sinne ist „Social“ in Social Banking als „konsequent an den Bedürfnissen einer dauerhaft – ökonomisch, sozial und ökologisch – tragfähigen gesellschaftlichen Entwicklung ausgerichtet“ zu verstehen. Die nicht monetären Werte der Social Banks äußern sich in Unternehmensleitlinien und -praktiken, die bei den meisten von ihnen vorzufinden sind, wie z.B.
a) die Ablehnung des Gewinnmaximierungsprinzips;
b) die Ablehnung spekulativer Tätigkeiten;
c) die Begrenzung der Gehälter v.a. des Führungspersonals;
d) flache innerbetriebliche Hierarchien;
e) die Fokussierung auf das Bank-Kerngeschäft von Einlagenannahme und Kreditvergabe;
f) die Fokussierung auf die Realwirtschaft (v.a. auf als nachhaltig eingestufte Branchen);
g) die Förderung von Schenkungsaktivitäten als wichtiges Element gesellschaftlicher Entwicklung;
h) Mitbestimmungsrechte für Kunden bzgl. der Mittelverwendung;
i) Mittelverwertung unter konsequenter Anwendung sozialer und umweltbezogener Nachhaltigkeitskriterien;
j) Tätigkeiten auch für Kunden anzubieten, die durch konventionelle Banken oftmals nicht oder nicht ausreichend bedient werden (Inclusive Finance);
k) die Transparenz der Geschäftstätigkeiten und insbesondere der Mittelverwendung.
3. Abgrenzung: Während sich die oben angeführte Beschreibung des Begriffs Social Banking – so oder in ähnlicher Form – im Laufe der vergangenen 10-15 Jahre in einem gewissen Umfang etabliert hat, wird Social Banking weder begrifflich noch inhaltlich einheitlich benutzt.
Einerseits finden sich verschiedene andere Begriffe, die weitgehend synonym zu Social Banking verwendet werden. Diese lassen sich aufgrund ihrer gesamthaften Ähnlichkeit mit Blick auf die oben angeführten Merkmale des Social Banking als vergleichsweise einheitliche Gruppe von anderen Banktypen (z.B. Genossenschafts-, Kirchen- oder Großbanken) unterscheiden, selbst wenn diese in Einzelbereichen Ähnlichkeiten zu den dargestellten Ansätzen des Social Banking aufweisen.
Andererseits findet der Begriff Social Banking (oder „Social Banking 2.0“) in jüngerer Zeit zunehmend auch Verwendung im Zusammenhang mit dem Einsatz von sog. „Sozialen Medien“ (Sammelbegriff für mediale Angebote wie z.B. Facebook oder Twitter, die den Austausch nutzergenerierter Inhalte über das Internet bzw. das sog. „Web 2.0“ ermöglichen). Das Wort „Social“ in dieser neueren Verwendung des Begriffs Social Banking bezieht sich dann auf die Vernetzung „untereinander“ bzw. die Kommunikation „miteinander“. Somit zielt der Begriff auf den Informationsaustausch zwischen Bank und Kunde und/oder zwischen den Kunden untereinander über (neue) Bankprodukte und -dienstleistungen. Die Förderung einer „sozial“ und ökologisch nachhaltigen Entwicklung stellt hier hingegen kein explizites Ziel dar. Entsprechend hat diese neuere Verwendung des Begriffs Social Banking mit der oben angeführten Beschreibung von Social Banking nur wenig gemein.
4. Produkte und Dienstleistungen: Die meisten Vertreter des Social Banking sind Vollbanken mit Schwerpunkt auf dem Einlagen- und Kreditgeschäft. Darüber hinaus ist mittlerweile auch der Vertrieb von offenen und geschlossenen Nachhaltigkeitsfonds sowie das direkte Beteiligungsgeschäft verbreitet. Verschiedene Vertreter des Social Banking haben im Laufe der Zeit eine Reihe von bank- und finanzierungstechnischen Innovationen entwickelt, die v.a. auf die Zurverfügungstellung von Bank- und Finanzdienstleistungen für Menschen und Projekte ausgerichtet sind, die anderenfalls von solchen Dienstleistungen ausgeschlossen wären (Inclusive Finance). Dazu gehören spezielle Kreditformen, Kreditsicherheiten, nachhaltigkeitsorientierte Kredit-Ratings, Kontoformen und Eigentumsformen.
5. Kunden: Social Banks bieten ihre Produkte und Dienstleistungen auf der Passivseite i.d.R. allen daran Interessierten an; auf der Aktivseite bieten sie jedoch nur all denen ihre Produkte und Dienstleistungen an, die bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllen und/oder aus einem der Fokussektoren der Bank kommen. Hierzu zählen z.B. alternative Medizin, Behinderteneinrichtungen, Bio-Landwirtschaft und -Lebensmittel, freie Schulen und Kindergärten, integrative und generationenübergreifende Wohnprojekte, Kultur, nachhaltiges Bauen, nachhaltig orientierte unternehmerische Gründungen und Initiativen, ökologische Landwirtschaft, regenerative Energien und die Sozialwirtschaft.
6. Markt: Social Banking stellt eine noch kleine, aber stark wachsende Nische im Bankensektor dar. In Deutschland erreichen die derzeit vier Banken, die dem Social Banking zugeordnet werden können, weniger als ein Prozent der potenziellen Bankkunden. Jedoch haben die meisten Vertreter des Social Banking, insbesondere seit der Finanzmarktkrise, ein signifikantes Wachstum erfahren (z.T. über 30 Prozent Bilanzsummenzuwachs pro Jahr). Verschiedene Bankexperten halten v.a. vor dem Hintergrund des allg. Wertewandels in der Bevölkerung sowie des durch die Finanzmarktkrise ausgelösten Vertrauensverlusts der Kunden gegenüber konventionellen Banken ein anhaltendes Wachstum des Social Banking für wahrscheinlich. Für Deutschland gehen diesbezügliche Schätzungen von einem potenziellen Kundenanteil von bis zu 25 oder 30 Prozent aus. Dies entspräche auch in etwa dem von Marktforschern verschiedentlich als LOHAS („Lifestyle of Health and Sustainability“) bezeichneten Bevölkerungsanteil, der sich durch ein sozial und ökologisch verantwortungsbewusstes Konsumverhalten auszeichnet.