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Make or Buy

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Die Make-or-Buy-Entscheidung repräsentiert mit dem Bestreben einer zielgerichteten Gestaltung der unternehmensspezifischen Leistungstiefe eine der zentralen betriebswirtschaftlichen Herausforderungen. Sie bezeichnet die unternehmerische Entscheidung darüber, welche Wertschöpfungsaktivitäten intern erbracht und welche Aktivitäten bzw. Komponenten extern beschafft werden sollen. Während die interne Erbringung (Make) im Kontext der hierarchischen Unternehmensordnung stattfindet und sich durch Regeln, Normen und Weisungen koordinieren lässt, wird bei der externen Beschaffung auf Marktmechanismen, wie insbesondere die Preisbildung durch Angebot und Nachfrage, zurückgegriffen. Die Gefahren einer externen Beschaffung von Wertschöpfungsaktivitäten liegen unter anderem in einer gefährdeten Versorgungssicherheit und einer potenziell starken Abhängigkeit vom Zulieferer, wohingegen bei der internen Leistungserbringung die Kontrolle, aber auch das gesamte Risiko in der Unternehmung selbst verbleibt.

    2. Relevanz: Die Make-or-Buy-Entscheidung weist gegenwärtig vor allem auch im Kontext des IT-(Out)Sourcing eine hohe Relevanz auf. Grundsätzlich alle, insbesondere aber dem globalen Wettbewerbs- und Kostendruck ausgesetzte Unternehmungen benötigen eine klare Strategie, welche Teile der primären oder sekundären Wertschöpfungsaktivitäten aufgrund ihrer besonderen Wettbewerbsrelevanz in den stärker kontrollierbaren internen Strukturen erbracht und welche Aktivitäten zum Beispiel aus Effizienzüberlegungen oder zur Absicherung der technologischen Kompetenz an Spezialisten im In- oder Ausland übertragen werden können oder sollten. Beschränkten sich "Buy- statt Make-Strategien" dabei traditionell eher auf so genannte C-Komponenten/Teile, so gelangen auch zunehmend A- und B-Module und damit zentrale Abschnitte und Funktionsbereiche der bisher intern realisierten Wertschöpfungskette in den Mittelpunkt der Betrachtung.

    3. Strategiekriterien: Fällt die Entscheidung in Richtung Fremdbezug, verlangt der konsequente Folgeschritt die Definition leistungs- und situationsadäquater Beschaffungsstrategien, die die abgewogenen Argumente hinsichtlich der Kriterien Kompetenz, Qualität, Effizienz, Kontrolle, Wettbewerb, Verfügbarkeit, Flexibilität und Relevanz berücksichtigen müssen.
    a) Kompetenz: Das Kompetenzkriterium baut auf der grundlegenden Frage auf, ob die Unternehmung die Kompetenz und das erforderliche Know-how zur internen Erstellung der Wertaktivitäten besitzt oder ob es notwendig erscheint, vorhandene Defizite durch Dritte auszugleichen.
    b) Qualität: Unter Qualitätsgesichtspunkten muss die Bedeutung der Teilleistung für die Qualität der eigenen Leistungserstellung und das Qualitätsrisiko eines Fremdbezugs eingestuft werden. Es ist zu klären, ob potenzielle Lieferanten den Qualitätsanforderungen genügen und inwiefern eine Verteilung der Leistungserstellung auf mehrere Unternehmungen realisiert werden kann und soll, ohne dass dies mit Qualitätsminderungen aus der Perspektive des Nachfragers verbunden ist.
    c) Effizienz: Können durch die Neugestaltung des Leistungserstellungssystems bei reduzierter Wertschöpfungstiefe der einzelnen Akteure Effizienzverbesserungen erzielt werden und wie werden diese zwischen den Beteiligten verteilt? In einer kostenorientierten Betrachtung der Alternativen "Make" oder "Buy" sind neben einem vordergründigen Vergleich der zu erwartenden Stückkosten bei Eigenfertigung im Vergleich zu den verhandelbaren Stück-Bezugspreisen bei Fremdbezug insbesondere die Kosten der unterschiedlichen Koordinationsformen (resultierende Transaktionskosten) zu beachten.
    d) Kontrolle: Ausschlaggebend ist unter Kontrollgesichtspunkten auch die Frage, ob trotz Fremdvergabe das gewünschte Ausmaß an Kontrolle und Steuerung über das Leistungserstellungssystem sichergestellt werden kann.
    e) Wettbewerb: Das Kriterium weist darauf hin, dass typischerweise auch die branchenübliche Wertschöpfungstiefe und -struktur sowie von der relevanten Konkurrenz gewählte Realisierungsformen berücksichtigt werden. Der Vergleich mit Wettbewerbern kann wertvolle Hinweise darauf liefern, wo andere Akteure mögliche Ansatzpunkte zur Realisierung von Wettbewerbsvorteilen sehen.
    f) Verfügbarkeit: Zu prüfen ist auch, ob es überhaupt ein adäquates Angebot entsprechender Teilleistungen gibt. In der Tendenz ist eine deutliche Ausweitung des relevanten Beschaffungsmarktes durch Digitalisierung und Vernetzung festzustellen, wenn die Teilleistungen entsprechende Voraussetzungen erfüllen. Räumliche Entfernungen werden vor dem Hintergrund spezialisierter Logistikanbieter bzw. digitalisierbarer Leistungsbestandteile zunehmend unwichtiger.
    g) Flexibilität: Die Implikationen einer Selbsterstellung oder Fremdvergabe für die Gestaltung der zukünftigen unternehmerischen Handlungs- und Anpassungsfähigkeit müssen berücksichtigt werden. Es ist sowohl die Entstehung möglicher Bindungen an Lieferanten oder bestimmter Technologien generell zu beachten als auch die tendenziell unterschiedliche Kostenstruktur im Rahmen der Leistungserstellung. Entscheidungen zum Fremdbezug implizieren im Regelfall eine Reduzierung von Fixkostenblöcken und eine Verschiebung der Kostenstruktur in Richtung variabler Kosten. Erweisen sich aber die internen Leistungsersteller bzw. externen Partner aufgrund wechselnder Marktanforderungen oder veränderter Produkt- oder Prozesstechnologien als zukünftig nicht mehr wettbewerbsfähig, so wird bei einer starren Bindung die gesamte Wertkette an einer notwendigen Anpassung gehindert.
    h) Strategische Relevanz: Welche strategische Relevanz besitzt die Teilleistung und welche Nachteile, wie z.B. Kompetenzverlust und drohende Kompetenzdiffusion zu aktuellen und potenziellen Konkurrenten, können sich durch eine Fremdvergabe ergeben? Aufgrund der in vielen Bereichen zunehmenden Branchendynamik und der damit verbundenen wachsenden Unsicherheit der Entscheidungsträger haben sich zwischen den Extremen Make (Eigenfertigung) und Buy (Zukauf auf dem Markt) zunehmend auch Spielarten hybrider Lösungen, wie zum Beispiel Mischformen aus paralleler Fremd- und Eigenerstellung zur Erhöhung der quantitativen Kapazitätsflexibilität, entwickelt.

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