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Zinsstrukturmodelle

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Das Original: Gabler Banklexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Charakterisierung: Zur Bewertung von Zinsinstrumenten deren Auszahlungsprofil von der Entwicklung der Zinskurve abhängt (z.B. Anleihen mit Kündigungsrechten), werden häufig Modelle herangezogen, welche die stochastische Dynamik, d.h. die potenziellen künftigen Veränderungen der Zinssätze (über das gesamte Laufzeitspektrum) beschreiben. Derartige Zinsstrukturmodelle erlauben es, basierend auf den gegebenen Marktdaten einen theoretischen Preis von solchen Zinsprodukten zu ermitteln. Bei den Zinsstrukturmodellen handelt es sich um Weiterentwicklungen des klassischen Modells von Black (Black-Modell) aus dem Jahre 1976, das heute noch vielfach zur Bewertung von Zinsinstrumenten wie Caps und Floors verwendet wird. Das Modell von Black ist kein Zinsstrukturmodell im eigentlichen Sinn, weil es nicht die Dynamik der Zinsen analysiert, sondern lediglich eine Aussage über die statistische Verteilung von Zinssätzen bzw. Anleihepreisen zu einem festen Zeitpunkt in der Zukunft macht.

    2. Grundlagen: Der Ausgangspunkt eines Zinsstrukturmodells ist die aktuell vorliegende Zinsstrukturkurve, die als Eingabeparameter einfließt. Da die künftigen Zinssätze nicht vorhersehbar sind, werden diese mit einem zufallsgesteuerten Prozess (sog. stochastischer Prozess) modelliert. Um die Entwicklung der Zinsstrukturkurve zu modellieren, verwenden alle Zinsstrukturmodelle eine oder mehrere Quellen des Zufalls (sog. stochastische Faktoren), die die Dynamik der gesamten Zinskurve beschreiben. Dies können unmittelbar beobachtbare Faktoren sein (z.B. kurzfristige oder langfristige Zinssätze), aber es sind auch Faktoren möglich, die sich nicht direkt am Markt beobachten lassen, sondern aus statistischen Analysen von Zeitreihen ableitbar sind. Im Falle von Einfaktormodellen wird oft der Tagesgeld-Zinssatz herangezogen (vgl. 3 a)). Als Ausgabe liefern solche Modelle für jeden künftigen Zeitpunkt eine Menge der zu diesem Zeitpunkt in Frage kommenden Tagesgeld-Zinssätze. Jeder der in dieser Menge enthaltenen Werte tritt mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auf, die wiederum von den jeweiligen Modellspezifikationen abhängig ist. Entscheidend ist die Tatsache, dass aus der Kenntnis der Mengen und der zugehörigen Wahrscheinlichkeiten für jeden Zeitpunkt eine komplette Zinsstrukturkurve sowie die Preise beliebiger Zinsprodukte berechnet werden können.

    3. Arten:
    a) Einfaktormodelle: Modelle, die aus einer Gleichung, die die Veränderung von Zinssätzen innerhalb eines kurzen Zeitraums mathematisch beschreibt. Seit Beginn der 1980er-Jahren wurden in der Literatur zahlreiche Einfaktormodelle publiziert, die meist auf der oben angegebenen Gleichung beruhen. Die verschiedenen Zinsstrukturmodelle unterscheiden sich durch die Spezifikation des Drifts und der Volatilität. Die Wahl dieser beiden Größen entscheidet darüber, wie realistisch ein Modell die Zinsstrukturdynamik nachbildet. Dabei sind u.a. die folgenden Kriterien maßgebend: positive künftige Zinssätz; exakte Nachbildung der aktuell am Markt quotierten Anleihepreise; möglichst gute Approximation der aktuellen Volatilitätsstruktur. Aus der Vielzahl der vorhandenen Modelle seien die folgenden genannt: Ho-Lee-Modell (ein sog. Gauß-Zinsstrukturmodell); Vasicek-Modell bzw. Hull-White-Modell; Cox-Ingersoll-Ross-Modell; Black-Karasinski-Modell; Heath-Jarrow-Morton-Modell.
    b) Mehrfaktormodelle: Ein großer Nachteil von Einfaktormodellen besteht darin, dass alle modellierten Marktdaten eine Korrelation von eins aufweisen, da nur ein stochastischer Faktor vorhanden ist. Empirische Tests belegen, dass die Verwendung von mehr als nur einem Faktor die Prognosequalität eines Zinsstrukturmodells signifikant verbessert. Allerdings sind solche Mehrfaktormodelle hinsichtlich der Wahl der Parameter und der Bewertung von Zinsinstrumenten erheblich schwieriger zu handhaben als Einfaktormodelle. Zu den Mehrfaktormodellen gehören z.B. das Zweifaktormodell von Brennan und Schwartz und das Zweifaktormodell von Longstaff und Schwartz. Darüber hinaus existieren diverse Verallgemeinerungen der oben erwähnten Einfaktormodelle, z.B. die Zweifaktorversionen der Vasicek- bzw. Hull-White-Modelle und des Cox-Ingersoll-Ross-Modells. Das Heath-Jarrow-Morton-Modell lässt sich schließlich auf beliebig viele Faktoren ausdehnen.

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