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Steuerbilanz und Handelsbilanz, Unterschiede

Definition: Was ist "Steuerbilanz und Handelsbilanz, Unterschiede"?

Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz resultieren aus offenen und verdeckten Einschränkungen und Durchbrechungen der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (Einheitsbilanz, one-book-system).

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    1. Gesetzlich zur Buchführung Verpflichtete müssen "das Betriebsvermögen [..] ansetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist" (§ 5 I 1 EStG). Die Bankbilanz ist folglich zunächst maßgeblich für das Steuerrecht. Trotz der in § 5 I EStG (abgeschwächt in § 140 I 2 AO) verankerten Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB für die steuerliche Gewinnermittlung sieht das Steuerrecht zahlreiche Durchbrechungen und Einschränkungen der handelsrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften vor. Die Steuerbilanz folgt der Handelsbilanz in zahlreichen Fällen also nicht. Zu unterscheiden sind offene Bilanzierungsvorbehalte, die in § 5 II–V EStG (offene Ansatzvorbehalte) sowie den §§ 6 ff. und 7 ff. EStG (offene Bewertungsvorbehalte) geregelt sind. Die Rechtsprechung hat weitere verdeckte Bilanzierungsvorbehalte entwickelt, die in dem steuerrechtlichen Bestreben um die Erfassung des „vollen” Gewinns begründet liegen. Zudem enthält das Steuerrecht verschiedene Förder- oder Verschonungsvorschriften, z.B. die Steuerstundung für Gewinne aus Immobilienverkäufen nach § 6b EStG oder die steuerfreie Rücklage für Ersatzbeschaffung, die die Verwaltungsanweisungen in R 6.6 EStR 2012 vorsehen, sowie Sonderabschreibungen (z.B. nach § 7g EStG) oder erhöhte Absetzungen (z.B. §§ 7h, 7i EStG), die seit 2009 ohne gleichlautende handelsbilanzielle Bewertung in der Steuerbilanz vorgenommen werden können.
    Ganz grundsätzlich müssen für eine Aufnahme in die Bilanz die abstrakte und konkrete Bilanzierungsfähigkeit gegeben sein. Abstrakt bilanzierungsfähig sind Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten. In der Steuerbilanz wird dies zu Wirtschaftsgütern und Rechnungsabgrenzungsposten. Die konkrete Bilanzierungsfähigkeit setzt sich aus der sachlichen Zuordnung (durch Nutzung und subjektive Widmung), der persönlichen Zurechnung zum Bilanzierenden und dem Bestehen etwaiger Ansatzverbote, -gebote oder -wahlrechte zusammen.

    2. Offene Bilanzansatzvorbehalte nach Steuerrecht (Beispiele):
    a) Selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter, etwa Entwicklungsaufwendungen, für die im Handelsrecht ein Ansatzwahlrecht besteht, unterliegen steuerlich einem Aktivierungsverbot (§ 5 II EStG); ein derivativer Firmenwert (Geschäftswert) ist dagegen zu aktivieren, weil er ein Wirtschaftsgut darstellt und damit abstrakt aktivierungspflichtig ist (§ 5 II, § 7 I 3 EStG); durch die Gleichsetzung des Geschäftswerts mit einem Vermögensgegenstand in der Handelsbilanz ist dies seit 2009 kein abweichender Ansatzvorbehalt mehr; in der gesetzlich festgeschriebenen Abschreibungsdauer von 15 Jahren ist aber ein offener Bewertungsvorbehalt zu sehen.
    b) Jubiläumsrückstellungen dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum ein Dienstverhältnis von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31.12.1992 erwirbt (§ 5 IV EStG).
    c) Pensionsrückstellungen dürfen nur und frühestens gebildet werden, wenn der Berechtigte einen Rechtsanspruch besitzt, die Pensionszusage ohne unzulässigen Vorbehalt erfolgt, die Zusage schriftlich erteilt wurde und der Berechtigte mindestens 27 Jahre alt ist (§ 6a EStG).
    d) Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht angesetzt werden (§ 5 IVa EStG), es sei denn, es handelt sich um eine Bewertungseinheit (siehe auch Hedge Accounting).
    d) Bildung und Bewertung von Bewertungseinheiten (§ 5 Ia 2 , IVa 2 EStG, § 6). Bewertungseinheiten werden aus Grund- und Sicherungsgeschäft gebildet. Handels- und Steuerbilanz folgen den übergeordneten Prinzipien der Nominalkapitalerhaltung und der Vorsicht, d.h.  fortgeführte Anschaffungskosten bilden eine Wertobergrenze, Wertsteigerungen dürfen also wegen des Realisationsprinzips nicht auf der Aktivseite (und damit als Ertrag) ausgewiesen werden. Wertverluste dagegen müssen abgeschrieben oder (jedenfalls im Handelsrecht) in eine Rückstellung eingestellt (und damit als Aufwand ausgewiesen) werden. Dies hieße, dass ein perfekter Hedge zu einem Verlustausweis in der Bilanz und GuV führen würde, was den GoB widerspricht. Daher werden Grund- und Sicherungsgeschäft zu Bewertungseinheiten zusammengefasst: Die Vermögensgegenstände/Wirtschaftsgüter werden gemeinsam bewertet. Nur wenn die Bewertungseinheit einen Verlust aufweist, kann auch im Steuerrecht eine Rückstellung gebildet werden (§ 5 IVa 2 EStG).

    3. Offene Bewertungsvorbehalte nach Steuerrecht (Beispiele):
    a) Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter und Sammelpostenbildung (§ 6 II, IIa EStG).
    b) Planmäßige Abschreibung (§ 7 EStG) sind steuerlich nur linear oder nach Maßgabe der Leistung möglich.
    c) zwingende Bewertung der zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente, die nicht in einer Bewertungseinheit abgebildet werden (Hedge, Hedge Accounting), mit dem beizulegenden Zeitwert (fair value) abzüglich eines Risikoabschlages (§ 340e III HGB) (§ 6 I Nr. 2b. EStG) durch Steuerpflichtige, die in den Anwendungsbereich des § 340 HGB fallen. Dies sind insbes. Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute i.S.d. KWG.
    d) Abzinsung unverzinslicher Verbindlichkeiten und Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als 12 Monaten mit 5,5% (§ 6 I Nr. 3, 3a lit. e) EStG).
    e) Vergünstigte Bewertung.

    4. Verdeckte Ansatzvorbehalte nach Steuerrecht:
    a) Bilanzobjekte: Die abstrakte Bilanzierungsfähigkeit wird in der Steuerbilanz durch den Begriff (positives und negatives) Wirtschaftsgut abgegrenzt. In der Handelsbilanz erfolgt diese Abgrenzung über die Begriffe Vermögensgegenstand und Schuld. Vgl. Übersicht unter „Vermögensgegenstand”.
    b) Bilanzierungswahlrechte: In der Handelsbilanz bestehen nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz nur noch sehr wenige Bilanzierungswahlrechte, wie z.B. das Wahlrecht, das Disagio abzugrenzen (§ 250 III HGB) oder das (neu geschaffene) Wahlrecht, selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände zu aktivieren (§ 248 II HGB). In der Steuerbilanz sind die Bilanzierungswahlrechte durch die Rechtsprechung dergestalt ausgeschlossen, dass aus Aktivierungswahlrechten ein Aktivierungsgebot wird und aus Passivierungswahlrechten ein Passivierungsverbot, soweit keine ausdrückliche steuerliche Ansatzvorschrift entgegen steht, wie z.B. das Ansatzverbot bei den selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern.
    c) Vermögensumfang, sachliche Zuordnung: In der Handelsbilanz ist das Reinvermögen anzusetzen, das das dem Unternehmen gewidmete Vermögen umfasst. Bei Personengesellschaften ist dies das Gesamthandsvermögen.
    In der Steuerbilanz ist das Betriebsvermögen anzusetzen, das das notwendige und das gewillkürte Betriebsvermögen umfasst. Vermögen, dessen betrieblicher Nutzungsanteil unter 10 Prozent liegt, ist im Rahmen des steuerlichen Betriebsvermögensvergleichs notwendiges Privatvermögen. Liegt der betriebliche Nutzungsanteil bei 10 Prozent bis unter 50 Prozent, so liegt willkürfähiges Vermögen vor. Beides ist bei Kapitalgesellschaften denkunmöglich (mit der seltenen Ausnahme einer "Liebhaberei"). Bei einem Anteil von 50 Prozent bis 100 Prozent handelt es sich um notwendiges Betriebsvermögen. Die subjektive Zuordnung muss dokumentiert werden; beim Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung) erfolgt dies durch Einbuchung, im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung durch Ausweis in der Anlage EÜR (§ 60 IV EStDV). Bei Personengesellschaften ist auch das Sonderbetriebsvermögen (Sonderbetriebsvermögensbilanz) anzusetzen.
    d) Vermögenszurechnung: Bei der Frage, wem die Güter zuzurechnen sind, ist zwischen dem juristischen Eigentümer und dem wirtschaftlichen Eigentümer zu unterscheiden. Der erstgenannte hat aufgrund der Vollrechtsposition des Eigentümers die Möglichkeit, über das Gut zu verfügen. Der wirtschaftliche Eigentümer (§ 39 AO) kann die tatsächliche Sachherrschaft über das Gut ausüben und den juristischen Eigentümer während der gesamten Nutzungsdauer von der Nutzung des Wirtschaftsguts ausschließen. In der Handelsbilanz erfolgt die subjektive Zuordnung von Vermögen nach der Zugehörigkeit zum Eigentümer, vorrangig zum wirtschaftliche Eigentümer (§ 242 I 1, § 246 I 2,3 HGB). In der Steuerbilanz ist grundsätzlich das wirtschaftliche Eigentum zu bilanzieren.

    Beispiele für das Auseinanderfallen von juristischem und wirtschaftlichem Eigentum:
    gesetzlich normierte Fälle (§ 39 I AO): Treuhand-Verhältnisse, Sicherungsübereignung, Eigenbesitz;
    gesetzlich (nach Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes) nicht (mehr) normierte Fälle:
    Eigentumsvorbehalt, anderer Eigenbesitz, „unechtes” Factoring, Kommissionsgeschäfte, Bauten auf fremden Grund und Boden, bestimmte (Finanzierungs-)Leasing-Verträge.
    e) Zurechnungsänderung: Der erstmalige und letztmalige Bilanzierungszeitpunkt und damit auch die Festlegung des Zeitpunktes des Zugangs und Abgangs richtet sich in der Handelsbilanz nach dem Gefahrenübergang sowie der Verfügungsmacht und in der Steuerbilanz nach dem Verlust bzw. der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht.

    5. Verdeckte Bilanzbewertungsvorbehalte nach Steuerrecht (Beispiele):
    a) Anschaffungs-/Herstellungskosten: In der Handelsbilanz sind (nach dem BilMoG nur noch) Vollkosten ansetzbar. Als Wahlrecht dürfen auf den Zeitraum der Herstellung bezogene angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung und angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung einbezogen werden. In der Steuerbilanz waren bereits vor dem BilMoG zwingend Vollkosten anzusetzen (Pflicht). Das neue handelsrechtliche Wahlrecht hat die Finanzverwaltung zum Anlass genommen, die steuerliche Herstellungskostenuntergrenze noch weiter anzuheben. Dies geschah in analoger Anwendung der BFH-Entscheidung, die den verpflichtenden Vollkostenansatz bewirkt hatte, und stellt nunmehr wieder einen verdeckten Bewertungsvorbehalt dar. Die Anwendung wurde jedoch bis zur Geltung neuer Einkommensteuerrichtlinien ausgesetzt. In 2016 beendete der Gesetzgeber das Problem durch die Einführung von § 6 I Nr. 1b EStG, der das Wahlrecht des HGB wiederholt und eine Ausübung in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz vorschreibt. Die Regel gilt auch für zurückliegende Jahre (§ 52 XII 1 EStG). Die Herstellungskosten nach Handels- und Steuerbilanz unterscheiden sich daher nicht mehr.
    b) Sekundäre Wertarten: In der Handelsbilanz ist der niedrigere Stichtagswert (§ 253 III 3, IV 2 HGB) und in der Steuerbilanz der niedrigere Teilwert (§ 6 I Nr. 1 Satz 3 EStG) anzusetzen. Der Teilwertansatz stellt ein explizites steuerliches Wahlrecht dar, das nach dem BilMoG unabhängig von der handelsrechtlichen Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert erfolgen kann, allerdings restriktivere Voraussetzungen hat, nämlich die voraussichtliche Dauerhaftigkeit der Wertminderung im Anlage- wie auch im Umlaufvermögen. Zu diesem Kriterium liegen spezifische Vorgaben von Rechtsprechung und Finanzverwaltung zu einzelnen Arten von Wirtschaftsgütern vor; insbesondere zu Aktien und festverzinslichen Wertpapieren (siehe BMF-Schrb. v. 16.7.2014, BStBl 2014 I S. 1162).
    c) Vereinfachende Bewertungsmethoden: In der Handelsbilanz richten sich die Zulässigkeit und die Anwendungsvoraussetzungen nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB). In der Steuerbilanz ergeben sich durch die Fokussierung der Rechtsprechung auf den spezifischen Zweck der Steuerbilanz eine eingeschränkte Zulässigkeit und engere Anwendungsvoraussetzungen, beispielsweise sind nur die lineare und die leistungsabhängige Abschreibung zugelassen (§ 7 II EStG), nur die LIFO-Methode als Verbrauchsfolgeverfahren (§ 6 I Nr. 2a. EStG) und die Abschreibungssätze für den GoF (§ 7 I 3 EStG) und für Gebäude (§ 7 IV EStG) sind fixiert.
    d) Bewertungswahlrechte: In der Handelsbilanz werden die Bewertungswahlrechte nur durch den Grundsatz der Stetigkeit (§ 252 I Nr. 6, II HGB) eingeschränkt. In der Steuerbilanz bestehen starke Einschränkungen aufgrund der Rechtsprechung.

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