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Islamisches Bankwesen

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Das Original: Gabler Banklexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Bankgeschäfte, die mit der Scharia, d.h. den ethischen Normen und rechtlichen Regelungen des Islam, übereinstimmen. Das islamische Bankwesen stellt einen Teilbereich des islamischen Finanzwesens dar.

    1. Grundlagen: Die aus der Scharia abgeleiteten Vorschriften des islamischen Finanzwesens gelten prinzipiell für alle islamischen (Finanz-)Dienstleistungen, einschließlich dem islamischen Bankwesen. Infolge seiner normativen Grundlagen unterscheidet sich das islamische Bankwesen vom Bankwesen westlicher Ausprägung.
    Dies äußert sich z.B. durch das andersartige Geldverständnis islamischer Banken. Für sie ist nicht Geld (das kein Gut mit intrinsischem Wert darstellt und nicht handelbar ist) Gegenstand ihrer Tätigkeit, sondern ausschließlich die Transformation von Gütern und Dienstleistungen in Liquidität, die wiederum für reale Güter und Dienstleistungen weitergegeben wird. Eine ebenso wichtige Rolle im islamischen Bankwesen spielt das allg. Zinsverbot (riba). Es verbietet Banken u.a. Geldzinsgeschäfte, die nach westlichem Verständnis Grundlage für das normale Kreditgeschäft von Banken sind. Ein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal besteht in der Leistungsbeteiligung (Gewinn- und Verlustbeteiligung) seitens der islamischen Bank. Nach islamischem Wirtschaftsverständnis gilt jegliche Form von vordefiniertem Erfolgsversprechen als ungerecht und ist deshalb verboten.

    2. Wichtige Instrumente des islamischen Bankwesens, die von den Vorschriften aus der Scharia beeinflusst sind, sind im Bereich
    a) Beteiligung und Kredit:
    (1) Musharaka, eine verbreitete Form der zeitlich befristeten Beteiligungsfinanzierung (v.a. für den Erwerb von Anlageprojekten, Grundstücken oder Immobilien);
    (2) Mudabara, eine Form der Finanzierung bei der i.d.R. eine Partei (die Bank) das Kapital für ein Vorhaben aufbringt, während die andere Partei die Arbeit und Geschäftsführung übernimmt;
    (3) Murabaha, eine sehr weit verbreitete Form der Handelsfinanzierung in Art eines Abzahlungs- oder Sachmittel„-Kredits“ mit Kauf- und Rückkaufvertrag, bei der der „Kredit“-Geber im Auftrag eines Kunden den von ihm gewünschten Sachgegenstand von einem Verkäufer selbst erwirbt, um ihn dann an den „Kredit“-Nehmer mit einem Preisaufschlag und auf Ratenbasis weiterzuverkaufen;
    (4) Sukuk, eine verbreitete Form einer Anleihe in Form eines Zertifikats, welches der Emittent an Investoren verkauft, es dann von diesen gegen einen vereinbarten unternehmerischen Mieterlös (anstatt eines verbotenen Zinses) wieder zurückmietet und ihnen dabei vertraglich zusichert, das Zertifikat nach einer festgelegten Zeit zum jeweiligen Nennwert zurückzukaufen;
    (5) Qard Hassan, ein unentgeltliches Darlehen, das Bankkunden in Notsituationen, einschließlich kurzfristiger Liquiditätsengpässe, gewährt werden kann;
    b) Bankkonten und Anlagegeschäft:
    (1) Wadiah-Konto, eine Form der unverzinsten Verwahrung von jederzeit zurückzufordernden Kundengeldern, für die die Bank dem Kunden Geschenke (hibah) machen kann, ohne diese vorab versprechen zu dürfen;
    (2) Mudaraba-Konto, eine Form der Vermögensanlage bzw. -verwaltung, bei der ein Investor (rabb al-mal), der Geld anlegen möchte, sich hierfür an eine Bank wendet, die als Unternehmer (mudarib) wie ein Vermögensverwalter für den Investor dient und entscheidet, wie das Geld angelegt wird. Bank und Anleger vereinbaren wie der Gewinn zur vereinbarten Endfälligkeit aufgeteilt wird. Für den Fall, dass die Bank Verluste produziert, trägt der Anleger zu 100 Prozent das Verlustrisiko. Die Bank kann keine Zahlungen vom Anleger verlangen, solange sie keinen Gewinn erwirtschaftet.

    3. Diskussion: Das islamische Bankwesen ist, wie das islamische Finanzwesen insgesamt, Gegenstand verschiedener Diskussionen, die sich v.a. um die Frage des Zinsnachahmungsverdachts einzelner Produkte bzw. um vermeintliche Umgehungsgeschäfte drehen. Als solches wird von manchen z.B. die Murabaha-Finanzierung empfunden, bei der eine Bank eine Ware im Auftrag eines Kunden kauft und sie ihm dann gegen einen Preisaufschlag und Ratenzahlung weiterverkauft. Dazu gibt es zwei wesentliche Betrachtungsweisen dieses Geschäfts. Einerseits wird argumentiert, dass die Gelddifferenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis mit einem Zinskredit vergleichbar sei. Andererseits wird hervorgehoben, dass dieses Geschäft mit einem verzinsten Kredit nicht vergleichbar sei, weil der Kaufbetrag sich im Vergleich zum Zinsgeschäft nicht vermehrt und die Bank lediglich, wie ein Händler, eine Gewinnmarge (keinen Zins) verdiene.

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