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Finanzierungsregeln

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Das Original: Gabler Banklexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Finanzierungsregeln sind normative Aussagen über Relationen von Kapitalteilen zueinander (vertikale Finanzierungsregeln = Kapitalstrukturregeln) oder bestimmter Kapitalteile zu bestimmten Vermögensteilen (horizontale Finanzierungsregeln = Kapitalvermögensstrukturregeln). Durch die Einhaltung von Finanzierungsregeln soll die Liquidität eines Unternehmens gewährleistet werden. Sie werden durch Strukturkennzahlen (Bilanzkennzahlen, Bilanzanalyse) ausgedrückt, die aus der Handelsbilanz entwickelt werden. Trotz kritischer Einwendungen werden statische Kapitalstrukturregeln und Kapitalvermögensstrukturregeln bei Kreditentscheidungen berücksichtigt.

    2. Vertikale Finanzierungsregeln (Kapitalstrukturregeln): Diese sind abgestellt auf den Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital (Eigenkapitalquote) oder auf die Relation von Eigenkapital zu Fremdkapital oder von Fremdkapital zu Eigenkapital (Verschuldungsgrad). Die Kapitalstrukturregeln gehen von der Vorstellung aus, dass eine hohe Eigenkapitalquote eine weitgehende Unabhängigkeit von Gläubigern gewährleistet, die Kreditwürdigkeit verbessert und damit die Möglichkeit erhöht, weiteres Fremdkapital aufzunehmen.
    Zu den vertikalen Kapitalstrukturregeln ist kritisch anzumerken, dass sie die Verwendung der finanziellen Mittel (Kapitalverwendung) unberücksichtigt lassen. Stille Reserven bleiben außer Ansatz. Auch die mögliche Ausnutzung des Leverage-Effekts bleibt unbeachtet.

    3. Horizontale Finanzierungsregeln (Kapitalvermögensstrukturregeln): Diese Regeln basieren auf dem Versuch, aus den aktuellen Beständen an Aktiva und Passiva auf die Höhe und den Anfall künftiger Ein- und Auszahlungen zu schließen. Nach der sog. Goldenen Finanzierungsregel (auch Goldene Bankregel genannt) soll die Dauer der Kapitalbindung im Vermögen nicht länger sein als die Dauer der Kapitalüberlassung (Fristenkongruenz im Aktiv- und Passivgeschäft). Mit der sog. Goldenen Bilanzregel wird die geforderte Fristenübereinstimmung zwischen Kapital und Vermögen mit der Forderung nach bestimmten Finanzierungsarten verbunden (Grad der Anlagendeckung). In der engeren Fassung fordert diese Regel die vollständige Finanzierung des Anlagevermögens durch Eigenkapital: Eigenkapital zu Anlagevermögen ≥ 1. In der weiteren Fassung wird eine grundsätzlich langfristige Finanzierung des Anlagevermögens (bzw. des langfristig gebundenen Umlaufvermögens) gefordert: Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital zu Anlagevermögen ≥ 1 bzw. Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital zu Anlagevermögen + langfristig gebundenes Umlaufvermögen ≥ 1.

    4. Kritik an den vertikalen und horizontalen Finanzierungsregeln: Die konkreten Fälligkeitstermine der Verbindlichkeiten und die Monetisierungstermine der Vermögensteile sind aus der Bilanz nicht erkennbar. Gleiches gilt für eingeräumte, aber nicht in Anspruch genommene Kreditlinien. Die Bilanz kann zum Zwecke der Darstellung einer günstigen Liquiditätssituation beeinflusst sein (z.B. durch Sale-and-Lease-Back bei Gegenständen des Anlagevermögens). Mögliches Factoring lässt die Kreditgewährung durch den Factor nicht erkennen. Ab- und Zuflüsse von Finanzmitteln (durch Löhne, Leasingraten, Mieten, Umsätze usw.) bleiben unberücksichtigt. Bei der Gegenüberstellung von Anlagevermögen und langfristigem Kapital wird unterstellt, dass die Abschreibungsgegenwerte tatsächlich über den Umsatzprozess zurückfließen. Nicht berücksichtigt wird, dass Finanzierungsmittel für künftige Ersatzbeschaffungen benötigt werden. Auch die mögliche Prolongation von Krediten bleibt unbeachtet. Finanzierungsregeln, die auf bestandsorientierten (statischen) Liquiditätsanalysen basieren, haben nur eine eingeschränkte Aussagekraft. Sie sind daher um dynamische Liquiditätsanalysen (Kapitalflussrechnung, Analyse des Cashflow) zu ergänzen.

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