Direkt zum Inhalt

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Geprüftes Wissen

GEPRÜFTES WISSEN
Über 100 Experten aus Wissenschaft und Praxis.
Mehr als 8.000 Stichwörter kostenlos Online.
Das Original: Gabler Banklexikon

zuletzt besuchte Definitionen...

    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Charakterisierung: Die Erbschaft- und Schenkungsteuer erfasst den steuerlichen Erwerb beim einzelnen Erben (Erbanfallsteuer), soweit die Bereicherung nicht sachlich oder persönlich steuerbefreit ist (§ 10 I 1 ErbStG). Die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist eine direkte Steuer; Schenkungen unter Lebenden werden ebenfalls erfasst, um Umgehungen zu vermeiden.

    2. Steuerpflicht: Unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf den gesamten in- und ausländischen Erbanfall, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer ein Inländer ist (§ 2 I Nr. 1 ErbStG). Beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf das Inlandsvermögen i.S. des § 121 BewG. Bei Erwerbern, die in einem ausländischen Staat mit ihrem Auslandsvermögen zu einer der deutschen Erbschaftsteuer entsprechenden ausländischen Steuer herangezogen werden, greifen u.U. die Vorschriften eines bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens. Ist ein solches nicht anzuwenden, kann die ausländische Steuer auf die deutsche Erbschaft- und Schenkungssteuer angerechnet werden (§ 21 ErbStG).

    3. Steuergegenstand (§ 1 ErbStG): Als Erwerb von Todes wegen gilt gemäß § 3 ErbStG: die unentgeltliche Bereicherung von Todes wegen, insbes. der Erwerb durch Erbanfall (§ 1922 BGB), durch Vermächtnis (§ 2147 BGB), aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs (§ 2303 ff. BGB), durch Schenkung auf den Todesfall (§ 2301 BGB), aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages, insbes. der Anfall einer Lebensversicherungssumme;
    Schenkungen unter Lebenden (§ 7 ErbStG) umfassen: u.a. jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird;
    Zweckzuwendungen (§ 8 ErbStG) vermehren (unter bestimmten Voraussetzungen) das Vermögen einer Stiftung bzw. eines Vereins (§ 1 Nr. 4 ErbStG).
    4. Erbschaftsteuerklassen: Nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker werden drei Steuerklassen unterschieden (§ 15 ErbStG). Jeder Steuerklasse ist ein progressiv ausgestalteter Tarif zugeordnet. Als Erwerber gehören:
    a) in Steuerklasse I: Ehegatte und Lebenspartner, Kinder, einschließlich Stiefkinder, Abkömmlinge der genannten Kinder und Stiefkinder (insbes. Enkel, Urenkel), Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen;
    b) in Steuerklasse II: Eltern und Voreltern, soweit sie nicht zu Steuerklasse I gehören, Geschwister, Abkömmlinge ersten Grades (Kinder) von Geschwistern, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, der geschiedene Ehegatte oder Lebenspartner;
    c) in Steuerklasse III: alle übrigen Erwerber und die Zweckaufwendungen (insbesondere alle juristischen Personen).
    Die Steuerklassen sind auch für die Bestimmung persönlicher und auch einzelner sachlicher Steuerbefreiungen relevant.

    5. Bemessungsgrundlage: Wert der Bereicherung des Erwerbers (§ 10 ErbStG). Vom Wert des Vermögensanfalls sind die Nachlassverbindlichkeiten, insbes. außerbetriebliche Schulden des Erblassers, testamentarisch verfügte Belastungen mit Vermächtnissen, geltend gemachte Pflichtteilsansprüche, Erbersatzansprüche, Auflagen gegenüber Dritten, Bestattungskosten usw. abzuziehen. Nicht abzugsfähig sind Schulden und Lasten, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die nicht der Besteuerung unterliegen. Ferner bestehen verschiedene sachliche (§§ 13 - 13d ErbStG) und persönliche (§§ 5, 16, 17 ErbStG) Steuerbefreiungen, insbesondere für unternehmerisch eingesetztes Vermögen. Die Bewertung des Erwerbs richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes. Mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile werden zur Ermittlung der Steuer zusammengerechnet (§ 14 ErbStG). Von der so ermittelten Erbschaftsteuer wird die Steuer abgezogen, die für frühere Erwerbe angefallen ist.

    6. Persönliche Freibeträge stehen unbeschränkt steuerpflichtigen Erwerbern nach § 16 ErbStG in gestaffelter Höhe zu: Ehegatte 500.000 Euro, Kinder und Enkel bei verstorbenen Kindern 400.000 Euro, Enkel 200.000 Euro, übrige Personen der Steuerklasse I 100.000 Euro, Steuerklasse II und III 20.000 Euro. Beschränkt steuerpflichtige Erwerber erhalten den ihrem inländischen Anteil am Gesamterwerb entsprechenden Anteil der Freibeträge. Nicht steuerpflichtig ist in Todesfällen der Zugewinnausgleich in der Höhe, den der überlebende Ehegatte bei güterrechtlicher Abwicklung gem. § 1371 II BGB als fiktive Ausgleichsforderung beanspruchen könnte (§ 5 I 1 ErbStG). Daneben erhalten der überlebende Ehegatte einen besonderen Versorgungsfreibetrag (§ 17 ErbStG) von 256.000 Euro (gekürzt um steuerfreie Versorgungsbezüge, z.B. Witwenrenten oder -pensionen) sowie die überlebenden Kinder und Stiefkinder einen Versorgungsfreibetrag zwischen 52.000 Euro (Kinder bis zu fünf Jahren) und 10.300 Euro (Kinder zwischen 20 und 27 Jahren).

    7. Sachliche Befreiungen bestehen darüber hinaus für bestimmte Arten von Erwerben, z.B. Hausrat bis 41.000 Euro, Verschaffung von Eigentum bzw. Miteigentum bzw. Kostenfreistellung bei einem (auch weiterhin) selbstgenutzten Familienwohnheim vollständig, bei unentgeltlicher Pflege des Erblassers bis 20.000 Euro, zur Sicherung des angemessenen Unterhalts oder zur Ausbildung sowie für kirchliche, gemeinnützige und mildtätige Zwecke (§ 13 ErbStG). Auf Gesetz beruhende Versorgungsbezüge (z.B. Witwenrenten) sind an sich nicht steuerbar. Für Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen sowie Anteile von mehr als 25 Prozent an einer Kapitalgesellschaft bestehen weitgehende Vergünstigungen (§ 13a ErbStG): Das Vermögen bleibt bei fünfjähriger Einhaltung der Mindestlohnsumme zu 85 Prozent steuerfrei (Verschonungsabschlag), bei Einhaltung der höheren Mindestlohnsumme für sieben Jahre zu 100 Prozent. Das sog. Verwaltungsvermögen (§ 13b II ErbStG) ist nicht begünstigt. Zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke in den EU- und EWR-Staaten sind zu 90 Prozent steuerbefreit (§ 13d ErbStG)

    8. Begünstigung von Unternehmensvermögen: Der Wert begünstigten Vermögens wird bis zu maximal 30 Prozent reduziert, wenn Verfügungsbeschränkungen über den Gewinn und den Anteil im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sind (§ 13a IX ErbStG). Vom verbleibenden Wert des begünstigten Vermögens (§ 13b ErbStG) wird ein Verschonungsabschlag von 85 Prozent vorgenommen (Regelverschonung, § 13a I ErbStG), der insbesondere daran gebunden ist, dass die Mindestlohnsumme innerhalb von fünf Jahren nicht unterschritten und das Vermögen nicht weiterübertragen oder verkauft wird. Vom danach noch verbleibenden Wert wird ein um die Hälfte des 150.000 Euro übersteigenden Werts abschmelzender Abzugsbetrag von 150.000 Euro abgesetzt (§ 13a II ErbStG). Wird die Mindestlohnsumme über sieben Jahre gehalten, so ist das gesamte begünstigte Vermögen auf Antrag steuerfrei (Optionsverschonung, § 13a X ErbStG). Die Höhe der Mindestlohnsumme wird für Unternehmen mit weniger als 16 Beschäftigten in drei Schritten reduziert (§ 13a III ErbStG). Diese Regelungen gelten nur für Erwerbe von begünstigtem Vermögen bis 26 Mio. Euro. Darüber hinaus verringert sich der Verschonungsabschlag auf Antrag des Erwerbers um jeweils einen Prozentpunkt für jede vollen 750.000 Euro, um die der Wert des begünstigten Vermögens die Grenze von 26 Mio. Euro übersteigt. Ab einem Erwerb von 90 Mio. Euro begünstigtem Vermögen entfällt die Optionsverschonung (§ 13c ErbStG). Wenn der Erwerber größerer begünstigter Vermögen jedoch die sog. "Verschonungsbedarfsprüfung" betreibt und besteht, d.h. wenn sein eigenes Vermögen zuzüglich des hälftigen nicht begünstigt erworbenen Vermögens nicht zur Deckung der Erbschaftsteuer ausreicht, wird die Steuer auf das begünstigte Vermögen erlassen (§ 28a ErbStG), wenn die Mindestlohnsumme und die Behaltefrist von jeweils sieben Jahren eingehalten werden und innerhalb von zehn Jahren kein weiteres nicht begünstigtes Vermögen im Wege der Erbschaft oder Schenkung erworben wird.
    Nicht begünstigt ist Verwaltungsvermögen (§ 13b IV ErbStG). Dazu gehören insbesondere vermietete Grundstücke (außer im Falle der Betriebsaufspaltung), Beteiligungen an Kapitalgesellschaften bis 25 Prozent, Kunstgegenstände und Sammlungen, Wertpapiere und Forderungen, die nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts i.S. des KWG dienen. Finanzmittel und Verwaltungsvermögen, das in den letzten zwei Jahren vor dem Übergang eingelegt wurde, ist grundsätzlich nicht begünstigt (§ 13b IV 5, VII ErbStG). Die übrigen Finanzmittel sind nur bis zu 15 Prozent des Werts des Betriebsvermögens begünstigtes Vermögen, darüberhinaus Verwaltungsvermögen.

    9. Erbschaftsteuertarif: Die Erbschaftsteuer wird vom Wert des steuerpflichtigen Erwerbs in einem Prozentsatz berechnet und erhoben. Der Tarif ist doppelt progressiv gestaltet, d.h. der Steuersatz steigt mit dem Wert des steuerpflichtigen Erwerbs und zum anderen mit abnehmendem Verwandtschaftsgrad, der in den Steuerklassen zum Ausdruck kommt. Die Steuersätze reichen von 7 bis 30 Prozent in Steuerklasse I, von 15 bis 43 Prozent in Steuerklasse II und von 30 bis 50 Prozent in Steuerklasse III. Die Tarifstufen sind bis 75.000 Euro, bis 300.000 Euro, bis 600.000 Euro, bis 13 Mio. Euro, bis 26 Mio. Euro und darüber. In jeder Tarifstufe gilt in jeder Steuerklasse ein Prozentsatz für den gesamten Erwerb. An den Übergängen wird die durch den Anstieg des Steuersatzes für den ganzen Erwerb erhebliche Mehrsteuer gegenüber der letzten Tarifstufe auf die Hälfte bzw. drei Viertel des die Genze übersteigenden Vermögens begrenzt.
    Erwerber von begünstigtem Vermögen, die zu den Steuerklassen II und III gehören, werden mit Hilfe eines Entlastungsbetrags (§ 19a ErbStG) hinsichtlich des begünstigten Vermögens wie Erwerber der Steuerklasse I behandelt.

    10. Besteuerungsverfahren: Ein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb ist binnen drei Monaten dem Finanzamt (Finanzbehörden) anzuzeigen (§ 30 ErbStG). Der Anzeige bedarf es nicht, wenn der Erwerb auf einer von einem deutschen Gericht, einem deutschen Notar oder einem deutschen Konsul eröffneten Verfügung von Todes wegen beruht und sich aus der Verfügung das Verhältnis zum Erblasser unzweifelhaft ergibt. Das Gleiche gilt, wenn eine Schenkung unter Lebenden oder eine Zweckzuwendung gerichtlich oder notariell beurkundet ist. Nach §§ 33, 34 ErbStG bestehen Anzeigepflichten von Vermögensverwahrern (insbes. Versicherungsunternehmen, Kreditinstitute [Anzeigepflichten des Kreditinstituts beim Tod eines Kunden], Notare, Behörden usw.). Das Finanzamt kann eine Erbschaftsteuererklärung verlangen (§ 31 ErbStG). Für die Steuer auf Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen besteht eine Stundungsmöglichkeit nach § 28 ErbStG von bis zu zehn Jahren, soweit dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig ist. Entsprechendes gilt für die Steuer auf nach § 13c ErbStG begünstigte Wohngebäude sowie auf erworbene Gebäude, die zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden, für die Dauer der Selbstnutzung.

    GEPRÜFTES WISSEN
    Über 100 Experten aus Wissenschaft und Praxis.
    Mehr als 8.000 Stichwörter kostenlos Online.
    Das Original: Gabler Banklexikon

    zuletzt besuchte Definitionen...

      Literaturhinweise SpringerProfessional.de

      Bücher auf springer.com